DAS LEADAWARDS SYMPOSIUM
Zeitschriften-Trends 2005
Die Bremswirkung der Beschleunigung – warum sich auf dem Zeitschriftenmarkt
viel bewegt, aber wenig tut
Vortrag von Markus Peichl anlässlich des
LeadAwards-Symposiums 2005
Zeitschriftentrends 2004. War da was zu hören, im Rauschen des Blätterwalds? Waren es Dissonanzen oder Wohlklänge, Sirenengesänge oder Warmtöne?
Als der Kanzler in einer nicht ganz unwichtigen deutschen Talkshow gefragt wurde, wie denn das Jahr 2004 so war, antwortete er salomonisch: Licht und Schatten. Später, im kleinen Kreis, gestand er dann: Wenig Licht, viel Schatten.
Weil wir einen sehr klugen und weisen Kanzler haben, und weil wir unter uns sind, möchte ich sein zweites, offenherziges Urteil aufgreifen, und es ganz offenherzig auf die Lage der deutschen Zeitschriftenbranche anwenden.
2004 – viel Schatten, ein wenig Licht.
Wenn man bei der LeadAwards-Jury Tausende und Abertausende von Zeitschriftenseiten durchblättert, wenn man Ausgabe um Ausgabe von rund 130 Zeitschriftenobjekten durchforstet, bekommt man einen unbestechlichen Eindruck von dem, was sich inhaltlich und gestalterisch auf dem deutschen Zeitschriftenmarkt tut, was sich nicht tut, und – am schlimmsten – was sich nur vermeintlich tut. Man kann Feststellungen treffen. Ganz persönliche. Meine will ich in den nächsten 25 Minuten möglichst kurz und knapp zusammenfassen. Sie erheben also weder Anspruch auf Vollständigkeit, noch darauf, dass sie die Meinung der gesamten Jury wiedergeben. Eigentlich ohnehin klar, aber um Kalamitäten vorzulegen, wollte ich es hier vorweg gesagt haben.
Feststellung Nummer 1:
Es werden immer noch viel mehr Zeitschriften auf den Markt gebracht, als der Markt – die Leser und Konsumenten – braucht.
Das war auch in den vergangenen Jahren schon so, aber 2004 hat die Flut überflüssiger neuer Titel noch zugenommen – und das, obwohl man eigentlich aus den Vorjahren hätte längst lernen müssen.
Natürlich gibt es ein Bedürfnis an neuen Zeitschriften aber nicht an immergleichen neuen Zeitschriften – aber nur die werden – mit wenigen Ausnahmen – gemacht.
Copy and Paste– diese so sympathische Funktion an jedem Computer - ist zur unsympathischen Selbstverständlichkeit in der Zeitschriftengestaltung geworden. Man kopiert von anderen, man kopiert sich selbst, man kopiert von Ausgabe zu Ausgabe, man kopiert sogar innerhalb einer Ausgabe, man kopiert mal versteckt, mal schamlos und offen.
Das Resultat: Alles wird sicher immer ähnlicher, alles immer austauschbarer, alles immer wertloser.
Feststellung 2, die Feststellung 1 belegt:
Die Line-Extension-Manie hört nicht auf, sie nimmt – im Gegenteil – zu.
Es gibt ja zwei Formen der Austauschbarkeits-Befeuerung. Die eine ist das Imitieren und Klauen von Heften der Konkurrenz, die andere ist das endlose Ausschlachten und Auswalzen eines erfolgreichen Produkts oder einer erfolgreichen Marke, die Line-Extensions eben.
Besonders fleißig in der Disziplin Line-Extensions war 2004 die „Brigitte“. Neben der „Brigitte“ selbst gibt es jetzt: „Brigitte Woman“, „Brigitte Young Miss“, „Brigitte Balance“ und „Brigitte Kultur“. Zwei neue Schwestern in der „Brigitte“-Familie macht insgesamt fünf – vor fünf, sechs Jahren haben wir noch von einer Überflutung des Frauenzeitschriftenmarkts gesprochen, wenn dort insgesamt ein oder zwei neue Mitbewerberinnen auf den Markt kamen, jetzt kommen zwei von der selben Marke – und das ist ja nur eine von vielen.
Ebenfalls die Familie erweitert hat die „Elle“: zum „Elle“-Mutterschiff, „Elle-Decoration“ und „Elle Bistro“ kam „Elle Girl“ – im Pocketformat, wie es sich für junge Frauentitel in Deutschland gehört.
Auch die Männer-Zeitschriften ließen sich 2004 beim Line-Extensieren nicht lumpen. Von „GQ“ gibt’s jetzt „GQ selbst“, „GQ Style“ und „GQ Cars“. Von „Max“: „Maxim selbst“, „Maxim Fashion“ und „Maxim Tech“ – wie „GQ Style“ mit Justin Timberlake auf dem Cover, der gleiche Titel lebt auf einem gleichartigen Heft – Copy and Paste eben.
Hier haben wir also das Kopieren und Ausdehnen der eigenen Marke, die Line Extension, und auch das Kopieren von der Konkurrenz.
Groß dabei in Sachen Line Extension auch „Der Spiegel“: Wir registrieren: „Der Spiegel“ selbst, dann „Spiegel Spezial“, dann „Uni Spiegel“, “ Kultur Spiegel“ und „Spiegel Kultur“. Das sind zwei verschiedene Hefte – „Kultur Spiegel“ als Abonnenten-Supplement, „Spiegel Kultur“ als Versuch einer neuen Kaufzeitschrift. Wir warten jetzt gespannt auf „Spiegel Uni“ und „Spezial Spiegel“.
Absoluter Line-Extensionweltmeister aber ist „Geo“. Es gibt seit 2004: Das „Geo“-Mutterschiff, dann „Geo Wissen“, „Geo Epoche“, „Geo Spezial“, „Geo Kompakt“, „Geolino“, „Geo Saison“ und – „Geo Saison für Genießer“ – die Line Extension von der Line-Extension – die unterschwellig suggeriert, daß „Geo Saison“ selbst nichts für Genießer ist, sondern – tja, für Spießer?
Wenn ich richtig gezählt habe, kommen wir jetzt auf acht „Geo“-Titel, aber ich bin zuversichtlich, dass die in den nächsten ein, zwei Jahren das Dutzend voll kriegen, und ob ich dann von einem beachtlichen oder dreckigen Dutzend spreche, überlege ich mir, wenn’s soweit ist.
Der Grund für die vielen Line-Extensions ist mir natürlich klar: Präzisere, vielleicht sogar punktgenaue Ansprache von Zielgruppen in einer immer stärker aufgesplitterten Wertewelt, bessere Abdeckung der Bedürfnisse der Werbeindustrie, resultierend aus den selben Ursachen; kostengünstigerer Launch durch Aufsetzen auf eine bereits etablierte, bekannte Marke; Aufbauen auf der geschaffenen Verlässlichkeit etablierter Produkte etc. etc..
Aber: Ich bin mir nicht sicher, ob sich die Verantwortlichen über die Folgen der vielen Line Extensions klar sind, nämlich: Förderung der Unüberschaubarkeit des Angebots, Nicht-Mehr-Durchblicken der Konsumenten, daher Frust und Überdruss – und – obwohl das umstritten ist – Entwertung der eigenen Marken.
Feststellung Nr. 3, die ebenfalls Feststellung Nr. 1 belegt und die negative Auswirkungen von Feststellung Nr. 2 verstärkt: Es gibt kaum noch Auflehnung gegen die Flut des Immergleichen, sondern die Branche gibt sich ihr scheinbar hin. Ob es Einfallslosigkeit, Zeitmangel oder Budgetknappheit ist, ob es daran liegt, dass jeder auf alles zugreifen kann oder jeder gezwungen ist, sich nur noch aus den selben Bilder- und Infotöpfen zu bedienen – Fakt ist, dass es kaum noch den Anspruch auf eigene, originäre Bildwelten und Ideen gibt. Es wird geklaut und geklaut, dass es eine Freude ist. Copy and Paste im großen und im kleinen Stil eben.
Einige Beispiele.
Hier das Cover des „Stern“ Nr. 33 mit Gedankenblase. Das brachte auch den „Focus“ auf Gedanken, denn zehn Wochen später erschien dort dieses Cover.
In der Januar-Ausgabe fragte sich „Geo“ auf dem Titel: „Wer war Jesus?“ und illustrierte die Frage mit einem Bild des Jesus-Leichentuchs. Halbverhüllt allerdings – das konnte „Der Spiegel“ als Enthüllungsmagazin nicht hinnehmen und brachte drei Monate später ebenfalls einen Titel mit Leichentuchbild heraus – unverhüllt.
Dann „Der Spiegel“ Nr. 27, mit einer anderen Enthüllungsgeschichte: Drogen an den Schulen. Ein sehr gelungenes und originelles Cover, wie ich finde. Warum man das dann mit einem schlechteren Cover drei Monate später nachmacht, wird immer ein Rätsel bleiben, der „Focus“ aber hat’s getan: Nr. 41 – Sucht an der Schule.
Im Innenleben der Zeitschriften sieht’s nicht anders aus.
Hier eine Doppelseite aus „Max“ – Manhattan aus der Vogelperspektive, einmal vor Nine Eleven mit Twin Towers, einmal nach Nine Eleven ohne Twin Towers. Dem Magazin „Sleek“ hat das so gut gefallen, daß sie daraus gleich zwei Doppelseiten gemacht haben.
Ein Fall, wo’s genau umgekehrt war. „Sleek“ bringt eine Strecke mit eindrucksvollen Bildern von einsamen, scheinbar nicht enden wollenden Serpentinenstraßen im entlegenen Bergmassiv. Titel: Pathway to the Gods. Dann kommt das „SZ Magazin“ mit einer nicht ganz unähnlichen Strecke: Eindrucksvolle Bilder von einsamen, scheinbar nicht enden wollenden Serpentinenstraßen im entlegenen Bergmassiv. Der Titel hier etwas prosaischer: Passkontrolle. Gar nicht unwitzig, denn die Straßen zeigen angeblich die Pässe, über die die Tour de France rollt.
Ein anderes Beispiel aus dem „SZ Magazin“: Der deutsche Sonderweg. Fotos aus dem Archiv des Künstlers Peter Piller, der Luftaufnahmen von Einfamilienhäusern sammelt, die Versicherungsunternehmen zur Dokumentation bei ihnen versicherter Häuslebauer anfertigen. Bei diesen Fotos sucht Piller dann Gemeinsamkeiten und stellt sie in einen Kontext, der sich aus den Gemeinsamkeiten ergibt. Hier die typischen Platten-Pfade durch die Gärten – der deutsche Sonderweg eben. Und weil’s so schön ist, nimmt das „SZ Magazin“ Pillers Fotos ein paar Wochen später nochmals zur Hand und gestaltet daraus gleich ein ganzes Heft: Deutschland von oben.
Dann kommt“Monopol“, eine neue Berliner Kunstzeitschrift, und auch dort wird Pillers fröhliche Luftaufnahmenkiste über den Leser ausgeschüttet. Hier bekommt man wenigstens ein Foto des eifrigen Luftaufnahmen-Sammlers mitgeliefert und einen erhellenden Text.
Fälle, in denen ein und dieselbe Idee oder ein und dieselbe Fotoproduktion in mehreren Heften durchgezogen wird, gab es 2004 zu Hauf – mehr noch als in den Jahren davor. Ich will Sie damit nicht langweilen.
Besonders schlimm ist das natürlich im Billig-Zeitschriftenmarkt und bei ausgewiesenen Lebenshilfe- oder Service-Magazinen.
Ganz kurz auch hier ein Blick in die Kopierwerkstätten: Ein Cover der Heimwerker-Bibel „Selber Machen“ vom September 2004, dann – „Selbst ist der Mann“ ....auch beim Klauen – eine Imitation vom Januar 2005.
Oder: „Country“. Einfach gemütlich. Landhäuser und Wintergärten. Gemütlich und einfach machte es sich auch „Schöner Wohnen Decoration“, indem es dieses Cover eins zu eins abkupferte. Ich darf Ihre Aufmerksamkeit auf den weißen Schrank im Hintergrund lenken. Und auf die Decke. Ganz genau. Das Cover wurde nicht nur identisch gestylt, es wurde sogar in der selben Location aufgenommen.
Bei unseren Jurysitzungen fiel außerdem auf, daß vom Ideen- und Bilderklauen in diesem Jahr auch die Anzeigen verstärkt infiziert wurden.
Hier zum Beispiel ein Motiv aus der Hermes-Kampagne, die Sie wahrscheinlich kennen. Eine Frau, umgarnt und eingewickelt von einem Hermes-Geschenkband. Und hier eine Anzeige von MTV: eine Frau, umgarnt und eingewickelt von einem MTV-Absperrungsband – es handelt sich nicht um ein Zitat oder eine Hommage auf die Hermes-Kampagne. Und dann ein Motiv von Motorole – eine Frau, eingewickelt in eine Telefonkabel-Korsage. Irgendwie alles von der Rolle. Immergleiche Bilder am laufenden Band.
Noch ein Beispiel aus der Werbung. Besonders hübsch, weil beide Motive in ein und demselben Heft geschaltet wurden: in „Nine to Five“, dem Lifestyle-Ableger der Wirtschaftswoche – nur wenige Seiten hintereinander: Hennessy. Ein Steg, der ins beschauliche Nass führt, morpht sich im Vordergrund zu einem Klavierdeckel. Und: Sony. Ein Steg, der ins endlose Nass führt, morpht sich im Vordergrund zum Schreibtisch. Ein Heft, nur wenige Seiten voneinander entfernt. Wie soll der Leser da nicht das Gefühl bekommen, dass alles austauschbar, alles beliebig und belanglos ist.
Ein weiterer Fall von Bild- und Konzept-Gleichmacherei: Die Ebay-Kampagne mit jubelnden Menschen. Drei, zwei, eins, meins! Das haben sich die Marketingmenschen von M & Ms auch gedacht, und die Bildidee schamlos geklaut.
Aber man muss sich nicht nur bei der Konkurrenz bedienen, Copy and Paste funktioniert auch im eigenen Haus und sogar innerhalb einer einzigen Kampagne. Hier zweit Motive aus der Mercedes C-Klasse-Kampagne. Fällt Ihnen was auf? Genau: Der Hintergrund ist absolut identisch, mal ist vorn eine Limousine reinretouchiert, mal ein Kombi. Motto: Es guckt eh keiner mehr genau hin. Wie auch, wenn man mit zuviel ähnlichen oder gleichen Bildern erschlagen wird.
Der Selbst-Klau und das Eigen-Klonen gibt’s aber auch im Editorial Design. Wenn die Ideen ausgehen, mach’ einfach, was Du schon mal gemacht hast, es wird schon keiner merken.
Hier das Cover von „Stern“ Nr. 7 zum Thema Vogelgrippe. Dann, acht Wochen später, das Cover von „Stern“ Nr. 15, Thema: Islam in Deutschland. Und weil Frauenaugen, die durch Schlitze schauen, so betörend sind, drei Wochen später das Cover zu „Stern“ Nr. 18. Thema: Deutschlands größte Umfrage. In nur drei Monaten drei doch recht ähnliche visuelle Covergestaltungen auf Deutschlands größtem und bedeutendsten illustrierten Magazin. 2004 war übrigens auch das Jahr, in dem Rolf Gillhausen starb.
Wenn’s der große „Stern“ macht, warum soll der kleine „Stern“-Ableger „Neon“ dann Zurückhaltung üben.
Der Aufmacher für die packende Story „Neutschland“ – Wie könnte man Deutschland besser und schöner gestalten. Lobenswertes, positives Denken, wie wir es von „Neon“ gewohnt sind, visuell umgesetzt, indem vor hässliche Plätze Fotos gehalten werden, die den jeweiligen Ausschnitt in verhübschter Form zeigen. Im selben Heft eine Geschichte über Menschen, die sich im falschen Körper wähnen, also eine Geschlechtsumwandlung wollen – umgesetzt wie die Neutschland-Strecke: Indem einem Mann das Foto einer Frau vors Gesicht gekappt wird, und einer Frau das eines Mannes.
Das Sich-Bedienen bei sich selbst, die ständige Wiederholung, immergleiche Ansätze und Muster – das ist aber nicht auf Visualisierungen beschränkt, beim Texten ist das nicht anders. Auch hier regiert gerne mal die Einfallslosigkeit und – Copy and Paste.
Nur ein Beispiel. Die deutsche „Vogue“. In diesem Jahr 25 Jahre alt verlässt sie sich auf die Vergeßlichkeit ihrer Leserschaft. Erst macht sie eine Modestrecke mit der Headline „Traumreise“ auf, ein Monat später eine mit der Headline „Traumsequenzen“, dann eine mit der Headline „Traumzeit“ und schließlich setzt sie noch einen „Spa-Traum“ oben drauf. Wenn ein Textchef in kürzester Zeit viermal hintereinander einen großen Artikel mit der Apposition „Traum-„ aufmacht, fragt man sich schon irgendwie, ob er pennt – oder seine Leser einfach nicht für voll nimmt.
Die letzten Beispiele resultierten mit Sicherheit zum Großteil aus einer gewissen Phantasielosigkeit, Überforderung oder Gleichgültigkeit mancher Zeitschriftenmacher, diese wiederum rührt – wie wir alle wissen – aus der Tatsache, dass aufgrund immer knapperer Budgets immer weniger Menschen immer mehr Seiten füllen müssen. Schlimmer als dieser erzwungene Redundanz- und Beliebigkeits-Mechanismus ist aber der systematische. Und der wird nach wie vor, gegen besseres Wissen, massiv betrieben.
Wir haben hier fünf Cover des Pocketfrauen-Titels „Young“, ehemals „Young Lisa“. Scheint so. Stimmt aber nicht. In Wahrheit sind es fünf verschiedene Pocket-Titel, ich hatte nur über alle das „Young“- Logo drübergelegt.
Wo, bitte, liegt der Unterschied? Wo, bitte, liegt der Sinn einer solchen Dubletten-Sammlung? Vor allem: Im Inneren der Hefte sieht die Sache nicht anders aus. Auch da gleicht ein Heft dem anderen – thematisch, inhaltlich, gestalterisch, im Aufbau, in der Dramaturgie, im Ablauf - eines wie das andere.
Nicht anders bei den Fernsehzeitschriften. Hier vier Ausgaben von TV Movie – in Wahrheit eine Ausgabe von TV Direkt, eine von TV Digital, eine von TV Spielfilm und nur eine von Movie.
Man könnte das Spiel noch weiter durchexerzieren, jeder weiß es, wenn er nur mal an einem größeren Kiosk gestanden hat. Um es noch mal in aller Deutlichkeit zu sagen: Das Fatale an der Überschwemmung des Zeitschriftenmarktes mit dem Immergleichen ist der Verdruss und die Gleichgültigkeit, die diese Überschwemmung beim Konsumenten hervorruft.
Wo das hinführen kann, hat uns die Musikbranche gezeigt. Für deren Niedergang waren – neben einigen anderen Umständen – vier Hauptfaktoren verantwortlich: Zum einen wurden etablierte, erfolgreiche Künstler bis zur Unerträglichkeit ausgeschlachtet und ihre Werke in einer viel zu großen Zahl von Compilations oder Samples vermarktet – Line Extensions, wenn man den Künstler als Marke oder Produkt begreift.
Zum anderen wurden neue Bands, in der Regel Boybands oder Girlie-Groups, aber auch Rock-, Grunge und Hip Hop Acts bis zum Abwinken geklaut; hatte eine Erfolg, kamen sofort zehn nach dem selben Strickmuster hinterher – ähnlich also wie die Kopiermanie, die wir bei uns mit neuen Titeln wie Pocketfrauenformaten, Fernsehzeitschriften, Wohnzeitschriften und ähnlichen erleben.
Zum dritten wurde die exklusive Vermarktbarkeit von Musik durch das Internet angegriffen.
Und zum vierten bestand das Problem, dass die Musikindustrie im Großen und Ganzen nur eine wesentliche Einnahmequelle hatte, nämlich am Ende immer den Konsumenten von Musik, also den Fan oder Käufer.
Mit Ausnahme des letzten Faktors trifft alles auch auf die Zeitschriftenbranche zu – da haben wir wenigstens zwei Haupteinnahmequellen, nämlich sowohl Vertriebs- und Aboverkäufe als auch Anzeigenverkäufe.
Aber sonst deckt es sich: Line Extensions, beißreflexartiges Nachahmen erfolgreicher oder eventuell erfolgreicher Neueinführungen der Konkurrenz und die Bedrohung durch das Internet.
Der einzige wirkliche Unterschied: Die Musikbranche war der Zeitschriftenbranche in all diesen Entwicklungen rund sieben bis acht Jahre voraus. Mal sehen, ob irgend jemand irgendwas daraus lernt, oder ob wir den Zug weiter in Richtung Wand fahren lassen.
Zum Abschluß meines Copy-and-Paste-Blocks möchte ich Ihnen noch zeigen, wie sich die Bilder und Gestaltungswelten gleichen, auch wenn sie auf den ersten Blick eigentlich völlig verschieden sind.
Ich zeige Ihnen, wie man aus einem etablierten, bald Jahrzehnte alten Magazin für ältere Leser ganz schnell ein neues Jugendmagazin machen kann.
Hier haben wir „Geo“, die Ausgabe Nr. 4 des Jahres 2004. Wir drehen das Foto um und verlängern oben den Cover-Rahmen. Dann tauschen wir das Foto gegen eine etwas authentischere und weniger gestellte Variante, ist ja zeitgemäß, und geben dem Rahmen eine etwas peppigere Farbe. Und am Schluß schreiben wir „Neon“ drüber, ein echt flippiger Titel. Und das ist in der Tat ein „Neon“-Cover, das 2004 genau so erschienen ist. Copy and Paste.
Endlich: Feststellung Nummer vier. Und es gibt sie doch, die positiven Entwicklungen auf dem Zeitschriftenmarkt. Ansätze und Impulse, die Hoffnung machen.
Peter Wippermann hat in seinem Vortrag ausgeführt, dass die Anzeigen zunehmend auf Text verzichten und sich nur noch mit Bildern als Botschaft begnügen. Diese Entwicklung hatten wir im Editorial-Bereich auch viele Jahre, sie erinnern sich sicher, „Qvest“, „Sleek“, „Sqmit“, „Vorn“, „Deutsch“, alle gestalterisch einigermaßen richtungsweisende Neuerscheinungen der Jahre 2001 bis 2003 – zumeist aus dem Independent-Bereich – waren Bilderblätter und hatten so gut wie keinen Text.
Das hat sich 2004 gedreht. Die Anzeigen vollziehen das jetzt zwar offenbar noch, aber die Zeitschriften sind hier inzwischen einen Schritt weiter.
Fast alle Neuerscheinungen des Jahres 2004 waren inhaltliche, journalistisch ausgerichtete Blätter – Blätter mit viel Text, mit viel Lesestoff, mit viel Hirnfutter, mit hoher Anspruchslatte.
Lassen Sie uns kurz auf den Geburtenjahrgang 2004 blicken:
„Cicero“ – Das Magazin für Politik und Kultur, eine originäre deutsche Eigenentwicklung, keine Kopie aus dem Ausland, allerdings bezeichnenderweise nicht von einem deutschen Großverlag initiiert oder finanziert, sondern vom Schweizer Rignier-Verlag. Sicher der wichtigste publizistische Impuls im Bereich journalistischer, inhaltlicher Qualitätsblätter.
„Monopol“ – die Zeitschrift für Kunst und Leben, herausgebracht von Amelie von Heydebreck und Florian Illies, der heute hier noch über Fototrends sprechen wird. Ein Heft, das sich meiner Ansicht nach immer mehr findet, immer besser entwickelt, ein neuer, mutiger Ansatz, sowohl gestalterisch als auch inhaltlich. Kauf lohnt sich.
Dann „Dummy“. Ebenfalls herausgebracht im Eigenverlag von Journalisten, die früher in Großverlagen tätig waren, und jetzt ihr eigenes, unabhängiges Projekt wagen. Jede Ausgabe zu einem eigenen Thema, jede Ausgabe mit einem anderen Artdirektor, daher der Name „Dummy“, eine konzeptgewordene Karikatur auf den Neuentwicklungswahn der Großverlage, ein Anspruch an sich selbst, sich nicht wieder selbst zu erfinden. Ein spannendes, ein abwechslungsreiches Heft.
Dann „Freund“. Die Literaturzeitschrift von Christian Kracht, finanziert vom Springer Verlag. Grundregel: Kein einziges Foto, nur Text und Illustrationen, eine klare Ansage gegen dies Einerlei der Bilderwelt. Ich freu mich immer wieder, wenn meine ehemaligen Volontäre Zeitschriften gründen.
„Steinstraße 11“. Nennt sich Zeitschrift für Kultur und Diverses. Ähnlicher Ansatz von „Monopol“. Kommt aus München. Das hilft manchmal, denn durch die Veröffentlichung einer als Porno-Comic geschmähten Kunststrecke sorgte die „Steinstraße 11“ gleich im ersten Jahr ihres Erscheinens für einen Zensurskandal.
Dann „Die Gazette“. Ebenfalls aus München. Ein politisches Kulturmagazin, also am ehesten mit „Cicero“ zu vergleichen – mit einer sehr interessanten spannenden Entstehungsgeschichte: „Die Gazette“ gibt es seit 1998 als Online-Magazin im Netz, 2004 kam es jetzt auch als Printausgabe auf den Markt. Der Weg andersrum als man ihn sonst kennt, das Internet legt vor, Print folgt nach.
Schließlich „Neon“, auch wenn ich heute ein bißchen drauf rumgehackt oder vielleicht sogar eingeschlagen habe, das Magazin hat seine Meriten, es zählt sicher zu den positiven Erscheinungen in der Zeitschriftenbranche, weil hier in einem Großverlag endlich mal wieder ein Titel mit journalistisch-inhaltlichem Anspruch gewagt wird, auch wenn man als Zeitschriften-Aficionado eben ein bißchen traurig ist, dass das Blatt hinter dem kongenialen „Jetzt“ doch hinterherhinkt und manchmal ein bißchen wie die Ausschlachtung von dessen Konkursmasse wirkt.
Ganz zum Schluss: Achtung. Ein Modemagazin aus Berlin. Hier natürlich in erster Linie bildlastig, aber – erstaunlich genug – das Thema Mode wird darin auch mit inhaltlichen, theoretischen Artikeln behandelt.
Übrigens: Auch alle anderen Coffetable- und Bilderblätter aus der Zeitschriftenavantgarde – „Sleek“, „Sqmint“, „Vorn“, „Zoo“ – bringen plötzlich Reportagen und Textbeiträge.
Sie sehen: Die deutsche Sehnsucht nach Sinn und Deutung, nach Inhalt und Gehalt feiert auf dem Zeitschriftenmarkt 2004 überraschend fröhliche Urstände.
Ob das Inhalts-Fieber anhält, wird sich zeigen. Sicher ist: Um Zeitschriften mit inhaltlichem Anspruch dauerhaft am Markt zu etablieren, braucht es Zeit und Substanz. Das wiederum braucht Geld, und das kann am Ende dann doch wieder nur von Großverlagen kommen.
Ob sich die wertvollen Impulse der Kleinen durchsetzen, hängt also letztlich an den Großen. Frei nach Cobra: Kundrun, Döpfner, Bauer, Burda – übernehmen Sie!
Feststellung Nr. 5: Werbung und Redaktion vermischen sich immer mehr, es wächst zusammen, was nicht zusammen gehört.
Die Entwicklung kennen wir seit Jahren, 2004 hat sie nochmals immens Fahrt aufgenommen.
Auch hier einige Belege.
Sie sehen eine Anzeige aus „Five To Nine“, dem Lifestyle-Ableger der Wirtschaftswoche. Werbung für Vertu, das Edel-Handy. Fünf Seiten weiter im selben Heft ein redaktioneller Beitrag über das Vertu-Handy. Prinzip klar. Erst die Anzeige, die Lust macht. Dann der redaktionelle Artikel, der die Infos nachliefert.
„Max“ Nr. 9. Eine Anzeige von Streness mit Boris Becker und Claudia Schiffer.
Dann Max Nr. 10, eine Ausgabe später. Eine angeblich redaktionelle 16 seitige Modestrecke mit Boris Becker – ausschließlich in Streness gekleidet. Slogan der „Max“ zu der Strecke: Die Fotos, über die ganz Deutschland spricht. Zumindest die deutsche Medienbranche, aber nicht ganz so, wie „Max“ sich das wünscht.
Etwas subtiler und deshalb nicht ganz so registriert wie der „Max“-Becker-Anzeigen-Werbe-Mix die Zeitschrift „Maxim Fashion“. In Ausgabe 2 eine redaktionelle Modestrecke, die schlafende, träumende Menschen inmitten normalerweise belebter, alltäglicher Umgebung zeigt. Eine Seite weiter eine Anzeige von Diesel. Mit einem träumenden, schlafenden Model auf einer normalerweise belebten Rolltreppe. Reiner Zufall, oder?
Schließlich nochmals die „Max“..., die hat’s 2004 bei der Vermischung von Werbung und Anzeigen auch besonders schamlos getrieben. Manga Mode. Manga Girls in echt geilen Klamotten, digital retouchiert und bearbeitet. Am Ende dieser Strecke dann diese Doppelseiten – links noch redaktionell, rechts eine Anzeige.
Lassen Sie uns genauer hingucken: Auf der redaktionellen Seite in einem Kasten der Hinweis, dass die Manga-Strecke mit der neuen Olympus E-1 fotografiert wurde. Dazu ein Loblied des Fotografen auf die Olympus E-1: Sie sei „die erste Digitalkamera, die einfach alle professionellen Anforderungen perfekt erfüllt“. Vor lauter Dankbarkeit und Rührung schaltet Olympus neben diesem Lobgesang gleich eine Anzeige für die der Olympus E-1 ..... und verwendet darin auch sicherheitshalber noch ein Motiv aus der vorangegangenen Manga-Fotostrecke, man weiß ja nie wie doof der Leser ist .... oder wie gleichgültig, weil er diesen Mischmasch unterbewusst natürlich ablehnt und sich abwendet. Auch hier also: Entwertung der einstigen Exklusiv-Ware Zeitschrift.
Oft wird versucht, die Vermischung von Werbung und Redaktion durch einen Peusdo-Kunstanspruch zu bemänteln und zu kaschieren. Auch dazu ein Beispiel: „Sleek“. Scents of irreverence. Unter dem Vorwand von künstlerisch angehauchtem Dekonstruktivismus wird hier Produktwerbung für Hugo Boss Duft „Your Fraguance, Your Rules“ gemacht. Die Fotografen, so heißt es, hätten sich „den Spirit von Hugos Your Fraguance, Your Rules beim Wort genommen, die Parfüm-Ikone zerstört und wieder zusammengesetzt.“
Wirklich zerstört wird hier allerdings nur die Glaubwürdigkeit, inhaltliche Unabhängigkeit und die Integrität von Redaktion und Presse. Wieder zusammengesetzt wird da dann allerdings nichts mehr.
Feststellung Nr. 6. Die klassische Reportage schwächelt. Sie lahmt. Sie ist siech, und wenn man böse wäre, könnte man sagen, sie ist fast schon tot.
Auch das eine Entwicklung, die wir seit längerem registrieren. Auch das eine Entwicklung, die sich 2004 dramatisch beschleunigt hat.
Solange ich LeadAwards Juryen angehöre, kann ich mich an keinen Zeitschriftenjahrgang erinnern, in dem wir bei unseren Begutachtungen so wenige, klassische Reportagen gefunden haben. Sie sterben aus, sie finden sich kaum noch in den Heften.
Der Grund: Man glaubt, dass man mit dem stehenden Bild dem laufenden Bild einschließlich Ton, dass eine Zeitschriftenreportage also einer TV-Reportage oder einem TV-Newsbericht unterlegen ist. Meiner Ansicht nach ein Irrtum. Gerade in der Flut der Fernseh- und Nachrichtenbilder könnte das stehende Bild, richtig ausgewählt und in den richtigen Gestaltungskontext gesetzt, enorme Wirkung erzeugen.
Ein weiterer Grund, und der ist wahrscheinlich ausschlaggebend: Geldmangel. Reportagen sind einfach teuer.
Anstelle der aussterbenden Reportage machen sich drei Trends breit:
Erstens: Die interpretative Fotostrecke. Abstrakte Themen visualisiert und gedeutet. Theorien, Thesen, Behauptungen in Bilder gepackt – eine der wichtigsten Anforderungen moderner Zeitschriftengestaltung.
Hier ein paar Beispiele
Geo / Das Unbewusste
Etwas Sichtbares, hier sichtbar gemacht. Interpretiert, visualisiert, der etwas altmodischen Ästhetik von Geo und dem modernen Anspruch, Als ...... konkret werden zu lassen, gleichermaßen gemacht werden.
Rund / Einer muss den Anfang machen
Ein schwer faßbares Thema, denn es gibt – eine letzte Bastion der Nicht-Preisgabe von Privatem in einer preisgabewütigen Mediengesellschaft – keine Bekennenden. Deshalb passend das nebulöse Thema mit Dunst- und Nebelschwaden interpretiert.
Spex / Radioquote
Umgesetzt mit Porträts von Wachhunden – eine interpretative Anspielung auf die Wachhund-Mentalität von Radioquoten-Forderungen
Brand eins / Thema Rückbau
Die Krise als Chance, der Rückgang der Bevölkerung als Hoffnung. Weniger Menschen, weniger Arbeit, weniger Probleme, zartes Gras sprießt aus Betonfugen
Die zweite Entwicklung, die diesen Reportage-Schwund ausgleicht: Der Fotogag. Mehr oder minder lustige Idee, rein fotografisch umgesetzt. Es braucht keinen Text, die Fotos funktionieren für sich.
Es geht nicht um die ästhetische Qualität der Bilder, sondern nur um den Bildinhalt, der schmunzeln oder vielleicht nachdenklich werden lässt.
Neon / Methusalemkomplott. Frei nach Frank Schirrmacher.
Er sagt: Wir werden alle 100 Jahre alt, und „Neon“ sagt, welche Kult- und Jugendkultur-Produkte uns dann unsere Identität erhalten.
Alkopop mit Eierlikör
I Pod mit integriertem Hörgerät
Aus Coppolas „Der Pate III“ wird „Der Angler III“
Im Fernsehen gibt’s den „Technostadl“
Außerdem passiertes Sushi
Gettoblaster mit integrierter Gehilfe
Dritte Zähne mit integriertem Hip Hop Goldzahn
Eine Strecke zum 15jährigen Jubiläum des Mauerfalls – ebenfalls aus „Neon“ – Was DDR-Bürger damals mit ihrem Begrüßungsgeld gekauft haben.
Nochmals „Neon“ / Das letzte Mahl
Dritter Trend, der die Reportagefotografie ablöst:
Ein heilbarer Boom der Porträt-Fotografie. Porträts sind billiger als Reportagen, deshalb guckten einem 2004 im Übermaß vollformatige Gesichter aus allen Zeitschriften entgegen.
Aus der Computerspielezeitschrift „CEE Menschen“, beim Computerspielen.
Aus „Neon“, Menschen beim Orgasmus
Aus „Sleek“, Menschen mit Dreck im Gesicht
Aus dem „SZ Magazin“, Menschen, denen der Regen ins Gesicht schlägt
Aus dem „Berliner“, Menschen die mal so richtig wiederschlagen
Dem Vernehmen nach handelt es sich nicht um Zeitschriftenmacher
Mit dieser Serie von Porträtstrecken sind wir wieder da angekommen, wo mein Vortrag begann: Die Austauschbarkeit, die Beliebigkeit, Die Entwertung des Mediums Zeitschrift.
Der deutsche Blätterwald ist nicht bloß an einem kritischen Punkt angekommen, er hat ihn überschritten.
Alles wird immer ähnlicher, alles wird immer gleicher, die Flut tausendfacher, austauschbarer Info- und Bild-Partikel verursacht im Kopf der Leser, der Leute von denen wir leben, ein Flirren, ein Rauschen, ein Unbehagen. Werbung ist wie Redaktion, Redaktion wie Werbung. Ein Bild ist wie das andere, das andere wie das eine. Es wird nichts mehr richtig wahrgenommen, es kommt nichts mehr richtig durch.
Kommunikation ist keine Lösung mehr, sie ist ein Problem.
Grundsätzlich gibt es drei Methoden, wie man als Zeitschriftenmacher dieser Situation begegnen kann.
1. Methode: Das Mitläufertum. Man schert sich nicht und kopiert einfach fröhlich weiter – sich, die anderen, alles, jeden.
2. Methode: Man versucht das Rauschen des Einerlei zu übertönen. 2004 insbesondere durch Materialschlachten und technische Spielerein. Da werden Ausklapper fabriziert, da werden Löcher in Cover geschnitten, da wird gefräst und geprägt, da werden Beigaben dem Heft beigefügt, und man bringt eine Ausgabe auch schon mal mit acht oder gar 25 Cover-Varianten auf den Markt. Sie haben’s draußen im Foyer gesehen.
3. Methode: Die Verweigerung. Reduzieren, Luft raus nehmen, Luft lassen – über Text und Bilder. Das Stille, das Minimalistische, das Kontemplative, das uns die Mares und Brand einsen dieser Welt vormachen.
Durchschlagende Erfolge bringt keine dieser Methoden. Das Rauschen geht weiter. Lauter denn je, nerviger denn je.
Vielleicht brauchen wir einfach radikalere Denkansätze. Vielleicht sollte sich die Zeitschriftenbranche an Harald Schmidt ein Beispiel nehmen. Vielleicht sollte sie sich einfach mal eine Kreativpause gönnen. Und weil wir an Harald Schmidt gesehen haben, dass ein Jahr nicht ausreicht, sollte sie sich vielleicht zwei, drei Jahre gönnen.
Zwei, drei Jahre keine Neuerscheinungen. Zwei, drei Jahre keine Löcher in Cover schnibbeln, keine Ausklappen, keine Folder, keine Beigaben.
Zwei drei Jahre keine Fräsungen, keine Prägungen. Keinen Gold- oder Silberdruck.
Zwei, drei Jahre keine Line-Extensions, kein Me-To-Produkt vom Me-To-Produkt.
Geist und Seele reinigen. Entschlacken, sich reinigen, zu sich finden. Ayuveda fürs Papier.
Konzentration aufs Wesentliche. Auf das, was Zeitschriften ausmacht. Gestalten, Entwerfen, Erfinden. Zeitschriftenmachen, wie’s sich gehört, focusiert, in aller Ruhe. Zeitschriftenmachen wieder als ganzheitlichen Prozess betrachten, Text und Foto nicht nur verwalten, sondern mit den Mitteln des Designs alle Ingridenzien eines Magazins – Foto, Typographie, Text, Illustration – zu einem neuen, eigenen Werk verschmelzen.
Zwei, drei Jahre bringen Stille in den ganzen Wust und Irrsinn. Sich besinnen. Sich finden.
Ach, wär das schön.